Kirgistan 2003


Öffnen Sie parallel zu meinem Reisebericht folgende Bildergallerie!

 

Name: Kyrgyz Respublikasy
Hauptstadt: Bischkek (ehem. Frunse)
Fläche: 198.500 km²
Staatsoberhaupt: Präsident Askar Akajew
Regierungsform: Präsidialdemokratie
Bevölkerungszahl: rund 5 Mio. Einwohner; ca. 16.000 Deutschstämmige
Landessprache: Staatssprache: Kirgisisch; seit Mai 2000 auch Russisch
Währung: Kirgisien -Som 1 € = ca. 50Som


KIRGISTAN - Das Land wo der Himmel die Erde berührt

Es ist drei Uhr morgens. Wir landen in Bishkek, der Hauptstadt von Kirgistan, einer der GUS Staaten in Zentralasien!
Auf der unbeleuchteten Flughafenstraße muss ich dem Taxifahrer den Weg zu meiner BMW beschreiben und das mit nur wenigen Brocken Russisch.
Denn ein Jahr zuvor war ich mit meiner G/S über Sibirien und Kasachstan nach Kirgistan gekommen. Überwintern durfte mein Boxer in der Schule des SOS -Kinderdorfes in Bishkek.
Aufbruchstimmung in diesem Zentralasiatischen Land.
Ein Polizist in Bishkek holt zu unserer Überraschung unter seiner Kappe ein Englischbuch hervor. Er möchte seine Uniform an den Nagel hängen und in die Tourismusbranche wechseln. Diese Neuorientierung ist uns bei Gesprächen mit jungen Leuten besonders aufgefallen. Sie erhoffen sich durch den zart aufkeimenden Tourismus bessere Lebens- und Verdienstmöglichkeiten.
Mit der vollbepackten G/S verlassen wir die Hauptstadt, dieses Jahr ist es etwas enger auf der Sitzbank, ich teile sie mit meiner Freundin Marika. Die Dörfer mit ihren niedrigen geduckten Holzhäuschen spiegeln den Baustil von Väterchen Russland wider.

Immer wieder hängen über den Gartenzäunen bunte Decken - "Shirdak", die typischen Filzdecken dieser Region. Während ich fotografiere kommt eine alte Frau aus dem Haus und lädt uns ein zum üblichen "Tsai". Dazu bekommen wir Fladenbrot und eine Schale mit (Masla) süßem Rahm. Sofort werden auch die Familienfotos herumgereicht. Plötzlich stehen alle auf und lassen uns in der Küche alleine, wir trinken aus und folgen wenig später. Draußen im Hof herrscht geschäftiges Treiben, die Schafscherer sind gekommen um die Schafe von ihrem Winterpelz zu befreien. Das Vertrauen dieser Menschen ist sehr groß, Fremde einfach alleine im Haus sitzen zu lassen. Bei uns zu Hause unvorstellbar!

Am Abend schlagen wir unser Zelt am Ufer des Isyk Kul auf, wir sind nicht lange alleine. Einige Burschen kommen angeritten, sie haben eine Ziege dabei. Die wird gleich fachgerecht zerlegt und schon prasselt das Fleisch in der Pfanne. Neben Zwiebeln wird noch allerhand Grünzeug hinein geschnitten. Wir müssen natürlich mitessen, da gibt es keine Widerrede.
Der obligate Wodka darf natürlich zum Abschluss nicht fehlen.
Kilometerlang führen Pappelalleen am See entlang, in der Sommerhitze willkommene Schattenspender.
Eine Wiese übersät mit Felsbrocken manche mit Gravuren der Scythen, die hier vor über 500 vor Christus lebten. Neben Steinböcken, Wölfen und Hirschen entdecken wir auch Jagdszenen. Kirgistan ist sehr reich an solchen Steinzeichnungen und Gravuren, etwa zehntausend in unterschiedlichen Stilen soll es hier geben.

Das Unikum in Karakol ist Valentin, der Besitzer von Yak Tours. Hier gibt es nach Tagen wieder einmal eine heiße Dusche und auch die Küche von Valentins Frau ist nicht zu verachten. Während der Sowjet Ära war Valentin Trainer der Kirgisischen Moto Cross Nationalmannschaft. Er ist auch ein begnadeter Bastler, aus einer alten Ural hat er sich ein Quad gebaut. Da er mit der Leistung nicht zufrieden war, hat er mit diversen Schläuchen ein spezielles "Vakuum Siistem" konstruiert.

Von Karakol fahren wir über den Chonashuu Pass. Tien Shan - Himmelsgebirge -bezeichnen die Nomaden diese gewaltige Gebirgsformation im Dreiländereck Kirgistan, Kasachstan und China. Denn scheinbar bis zum Himmel ragen die Bergriesen Khan Tengry und Pik Pobedy, was soviel wie "Gipfel des Sieges" heißt. Sie sind zugleich auch die beiden nördlichsten Siebentausender unserer Erde. Wir möchten so nahe wie möglich an die beiden herankommen. Das Wetter zeigt sich nicht gerade von der freundlichsten Seite. Valentin meint, es liegt zwar am Pass noch Schnee "Njet Problem" denn es gibt eine LKW Spur. Schon am Beginn der erste Schreck, eine Lawine versperrt den Weg. "Njet Problem" wie Valentin sagte, es gibt ja eine Umleitung. Obwohl wir schon Juni haben, lässt uns der letzte Winter deutlich spüren, dass er in diesen Höhen noch Regie führt. Die Straße in dieser Region, damals von den Russen erbaut, hatte aufgrund der Nähe zur chinesischen Grenze vorwiegend strategischen Charakter. Je höher wir kommen desto unwirtlicher wird das Wetter. Auf über 3300 Metern scheinen wir schön langsam die Wolken greifen zu können. Die Piste wird immer rutschiger und der Schnee immer mehr. Endlich sind wir am Chonashuu angelangt und Valentin hatte Recht, es gibt eine LKW Spur, war ja gar nicht so schlimm! Das Wetter gibt uns keine Chance das Panorama zu genießen, nun beginnt es auch noch zu regnen. Wir tasten uns langsam auf dieser rutschigen Piste talwärts. So nun ist es wirklich aus, eine Lawine blockiert die Straße. Hier gibt's zwar auch diese LKW Spur, nur so einfach wird es hier nicht werden. Jetzt umdrehen wo wir schon so weit sind, irgendwie wird es doch gehen. Zuerst begutachte ich die Strecke zu Fuß, hin und wieder schauen Steine aus dem Schnee, da müssten die Reifen sicher greifen.
Marika schaut etwas skeptisch, wenn das nur gut geht!
Ich versuche mit Schwung irgendwie durchzukommen, nach etwa fünfzig Metern ist Endstation. Der Schnee ist einfach zu weich und schon sitze ich fest. Also Kisten, Seesack und den Tankrucksack abmontieren. Immer wieder gräbt sich der Reifen in den weichen Schnee, absteigen Motorrad heraushieven, wieder sind einige Meter geschafft. So quälen wir uns schiebend, fahrend über eine Stunde, um die Maschine durch die Lawine zu bringen. Dann heißt es zurück marschieren und das Gepäck nachholen. Eine schöne Schinderei, über dreihundert Meter müssen wir alles schleppen. Wir keuchen gewaltig, schließlich befinden wir uns hier auf über 3800 Meter! Endlich geschafft, wir haben aber kaum Zeit um richtig zu verschnaufen. Denn plötzlich beginnt es zu donnern und die Blitze sausen neben uns nieder. So schnell haben wir die Maschine noch nie aufgepackt. Immer wieder Bachläufe querend geht es langsam ins sichere und wärmere Tal hinunter.
Nur einige Familien leben in diesem engen Tal. Wir fragen ob wir unser Zelt auf einer der wenigen ebenen Flächen, neben dem Haus aufstellen dürfen. In einer windschiefen Holzhütte die kaum Schutz bietet, lebt ein Mann mit seinem Sohn. Alle Fenster sind kaputt und so pfeift der Wind ungehindert durch. Wir dürfen einen Raum nutzen und können uns hier das Frühstück zubereiten.
Das Haus der Nachbarfamilie ist gemauert, daher etwas komfortabler. Wir werden am Abend zum Tee eingeladen. Nachdem es noch immer regnet, genießen wir die Wärme und die Gastfreundschaft dieser lieben Menschen, die wir nie vergessen werden! Mangels gemeinsamer Sprache unterhalten wir uns mit Händen und Füssen. Auch die von zu Hause mitgebrachten Familienfotos sind sehr hilfreich. Mit verschiedenen Spielen wird es ein vergnüglicher Abend. Diese Familien müssen hier mit einem Minimum auskommen, bei Ilja reicht es nicht einmal für Schuhbänder, als Ersatz dient ein Stück Draht! Am Morgen mache ich dem kleinen Ilja eine besondere Freude, ich nehme ihn eine Runde mit dem Motorrad mit.
Glückselig, mit glänzenden Augen steigt er ab.

Die heißen Quellen bei Jeti Öguz speisen ein Thermalbad. Hier genoss vor Jahren auch der damalige sowjetische Präsident Boris Jelzin das Thermalwasser. Das will ich mir nicht entgehen lassen, kann ja nie schaden. Nach dem entspannenden Bad darf auch eine Massage nicht fehlen. Solche Massagen setzen eine robuste Konstitution voraus, mein Masseur hat eher das Gefühl eines Holzknechtes. Er schabt mir mit seinen rauen Händen fast die Haut ab.
Das Barskoon Tal führt zum Suek Pass, den ich schon aus dem letzten Jahr kenne. Die Schafscherer auf den Bergweiden verrichten eine knochenharte Arbeit, denn hier gibt es keinen Strom. Eine Pause ist angesagt, wir werden mit den Schafscherern zum Tee eingeladen. Wie in dieser Region üblich, wird der Tee in einem Samovar zubereitet. Da uns der Platz gefällt fragen wir die Familie ob wir unser Zelt aufstellen dürfen, kein Problem. Ich habe Bilder vom letzten Jahr dabei, die wir nach Kara Say, einem Dorf auf über 3500 Meter, bringen wollen. Ein Reiter, ein Freund der Familie kommt vorbei, neugierig schaut auch er sich die Bilder an. Plötzlich zeigt er auf ein Bild und erkennt sich wieder. Asselbek, so heißt der Mann, meint, dass ihm mein Motorrad bei der Ankunft irgendwie bekannt vorgekommen sei. Vor Freude über dieses Wiedersehen muss ich sofort mit seiner Kalaschnikow schießen. Diese Familie, wie viele andere Kirgisen auch, sind Halbnomaden. Sie haben im Tal ein Haus und ziehen während der Sommermonate mit den Tieren auf die Bergweiden.
Serpentine um Serpentine schraubt sich die Straße den steilen Hang hinauf. Sie ist in ungewöhnlich gutem Zustand. Der Grund, eine kanadische Bergbaugesellschaft baut in den Bergen Gold ab. Für deren riesige LKW wird die Straße so gepflegt. Auf 3500 Metern erreichen wir den Barskoon Pass und vor uns breitet sich eine Hochebene aus. Aufgrund der klaren Luft bietet sich uns eine fantastische Fernsicht. Hier zweigen wir ab zum Suek Pass. Die Straße gleicht mehr einem Wildbach, gesäumt von meterhohen Schneewänden. Im Gegensatz zum Vorjahr haben wir heuer mehr Glück mit dem Wetter. Bei 40° C verließen wir die Hauptstadt Bishkek, um bei 0°C und leichtem Schneefall den Pass zu überqueren.

Ohne nennenswerte "Atemprobleme" bringt uns die G/S auf 4028 Meter. Wenn man bedenkt wir stehen jetzt höher als der Großglockner und das mit dem Motorrad!
Diese Region ist auch die Heimat des Marco Polo Schafes, finanzkräftige Jäger aus dem Westen lassen sich solche Abschüsse einiges kosten. Über 3000 Dollar kostet der "Spaß"?, ewig schade um diese stolzen Tiere. Ein zweites, extrem scheues Tier lebt auch hier - der Schneeleopard, eine vom Aussterben bedrohte Art. Leider werden diese seltenen Tiere noch immer gewildert, obwohl in Kirgistan darauf hohe Gefängnisstrafen stehen. Im chinesischen Kashgar werden diese Felle unter der Hand für 1000 Dollar angeboten. Vermutlich leben in den Bergen Kirgistans noch etwa 300 dieser herrlichen Tiere.
Kara Say, dieses Dorf besteht nur aus wenigen Häusern. Die Familie die wir da antreffen lebt sogar den Winter über hier. Leider sind die Nachbarn, bei denen wir im letzten Jahr zu Gast waren, noch im Tal. So lassen wir die Bilder hier und bitten die Fotos weiterzugeben.

Bevor wir das Gebiet um den Isyk Köl betreten können, müssen wir so eine Art von Öko Steuer entrichten, denn der Isyk Köl ist zur Biosphären Zone erklärt worden.
Der Isyk Köl liegt auf 1600 Meter, auf kirgisisch bedeutet Isyk Köl "warmer See". Er wird auch als die " Perle des Tien Shan" bezeichnet. Flächenmäßig ist er nach dem südamerikanischen Titikaka See der zweitgrößte Binnensee der Welt. Menschenleere Strände erwarten uns, wir legen einen Badetag ein.
Während der Zeit als Kirgistan noch zur Sowjetunion gehörte, war diese Region für Ausländer Sperrgebiet. Denn jahrelang wurden von der Sowjetunion hier streng geheime U Boot und Torpedotests unternommen. Für die damalige Oberschicht und verdiente Helden des Proletariats wurden am Ufer riesige Hotelbunker erbaut. Diese Hotels verkommen immer mehr, denn nach dem Zerfall des Sowjet Reiches kommen kaum mehr Touristen aus dem ehemaligen "Mutterland".


Ein Mann fragt uns woher wir kommen. Wir, "aus Österreich". Seine Antwort verblüfft uns.

"Ah, Kommissar Rex"! Wir sind perplex. Es stellt sich heraus, dass diese österreichische Sendung in Russland und auch in den GUS Staaten sehr beliebt ist. So antworten wir manchmal nach der Frage woher - aus dem Kommissar Rex Land!


Der kirgisische Sommer beschert uns eine Spezialität "Kumiss", vergorene Stutenmilch. Zweimal am Tag werden die Fohlen zu den Stuten geführt, sie dürfen aber nur kurz an den Zitzen saugen. Denn der Großteil der Milch wird zu Kumiss verarbeitet. In der Küche hängt ein Ledersack, um die Gärung einzuleiten wird mit einem Holzstock über vierhundert mal geschlagen. Wir werden zu einer Kostprobe eingeladen. Fladenbrot wird gereicht und die Kumiss Schalen werden immer wieder gefüllt. Kumiss hat einen leicht säuerlichen Geschmack, ist aber sehr erfrischend. Des Öfteren haben wir uns auch an den Straßenständen der Nomaden eine Flasche davon gekauft.

Durch wildromantische Täler führt uns die Schotterpiste. Der Wildbach rauscht, rundherum strahlen die Gletscher in der Sonne, fast wie zu Hause.
Oh nein, nicht schon wieder! Die nächste Lawine blockiert die Straße, zum Glück arbeitet schon ein Bagger um den Weg frei zu machen. Plötzlich geht der Motor aus und das mitten drinnen, was wenn er jetzt nicht mehr zum Starten geht. Vorbeikommen ist unmöglich. Die Jungs basteln seelenruhig herum, nach einer Stunde gibt er rauchend ein Lebenszeichen. Wir sind erleichtert, sonst hätte das zweihundert Kilometer Umweg bedeutet.

Von Naryn fahren wir südlich in Richtung Chinesische Grenze. Das Relief Kirgistans schließt beinahe alle Landschaftsformen ein: Halbwüsten, Steppen, subalpine Gebiete und Tundra. Die Gebirge nehmen mehr als 93 Prozent des gesamten Territoriums ein, wobei 66 Prozent davon höher als 1500 Meter liegen.
Knapp fünfzig Prozent dieser Fläche sind karges Hochgebirge, ragen also mehr als 3000 Meter über den Meeresspiegel empor.
Tash Rabat - Rabat bedeutet soviel wie Karawanserei. Wir befinden uns hier auf einer geschichtsträchtigen Route - der Seidenstraße. Eine dieser Raststationen war Tash Rabat. Dieser antike Handelsweg teilte sich in einen südlichen und nördlichen, der hier durch Kirgistan führte. Eigentlich bestand die Seidenstraße nicht nur aus diesen beiden Wegen, sondern aus einem Netzwerk von vielen anderen Karawanenstraßen. Das Ende der Seidenstraße kam, als die wertvollen Güter auf dem Seeweg von Asien nach Europa transportiert wurden.
Bei Tash Rabat wechseln wir von den fünfzig Boxer Pferden auf zwei PS, mit unserem Führer Milan reiten wir Richtung Torugart Pass. Denn von dort oben kann man nach China hineinsehen. Anfangs genießen wir den Ritt, aber je höher wir kommen desto schlechter wird das Wetter wieder einmal. Es beginnt zu schneien, da die Sicht immer schlechter wird müssen wir vorzeitig umdrehen.
Milan meint es kann sogar bis ins Tal schneien. So packen wir eiligst zusammen um schnellstens in tiefere Regionen zu kommen. Im Naryn Tal sind wir auf der Suche nach einem Quartier. Zum Zelten haben wir keine Lust, denn auch hier hat es empfindlich abgekühlt.

Immer wieder fragen wir in den Dörfern nach einer "Gastinica". Es wird langsam dämmrig, irgendwie sollten wir schön langsam eine Unterkunft finden. Im nächsten Dorf basteln zwei Männer am Straßenrand an ihrem Auto, noch ein letzter Versuch. Ich habe eigentlich kein gutes Gefühl. Wieder die obligate Frage, nach einer "Gastinica", die verblüffende Antwort. "Sprechen sie Deutsch", wir völlig perplex! Es stellt sich heraus der Mann ist Major der kirgisischen Armee und erst vor kurzem von einer halbjährigen Ausbildung bei der Deutschen Bundeswehr zurückgekehrt.
"Gastinica" gibt es hier keine, ich finde schon ein Zimmer für euch. Inzwischen sind schon aus den übrigen Häusern neugierige Dorfbewohner gekommen. Und wirklich, ein Mann vermietet uns ein Zimmer.
Im Preis von umgerechnet sechs Euro ist Familienanschluss inkludiert. Im Wohnzimmer werden uns Decken hergerichtet, schon nach kurzer Zeit dampft auch wieder der Samovar und es gibt Tee, Fladenbrot und Lagman - eine Nudelsuppe.
Ursprünglich wollten wir von hier zu den Hochweiden des Song Köl. Auch am nächsten Tag keine Wetterbesserung, im Tal nur Temperaturen von 10°C. Wir beschließen nach Bishkek zurückzukehren.

Wir wollen mit Talant - dem Deutschlehrer im SOS Kinderdorf - eine Bergtour bei Karakol unternehmen. Leider gingen in dieser Region schwere Unwetter mit Schnee nieder, somit wird es nichts mit der viertägigen Bergtour. Die Alternative, vierzig Kilometer hinter der Hauptstadt, eine Tagestour ins Ala Archa Gebirge. Von Talant erfahren wir, dass das Wetter in den letzten zwanzig Jahren nicht so verrückt gespielt hatte als in diesem Jahr. Der letzte Winter dauerte ungewöhnlich lange und war auch schneereicher als sonst.
So genießen wir die Tagestour auf 3500 Meter. Viele namenlose Gipfel erblicken wir, außer einem und der hat eine besondere Geschichte. Talant führte im letzten Jahr einen Bayern hier herauf. Der wollte wissen wie die verschiedenen Gipfel heißen. Talant war erstaunt und meinte dass Namen für Berge bei den Menschen hier kaum eine Bedeutung haben. Das konnte der Bayer nicht verstehen und so gab er einem Gipfel einen typischen bayrischen Namen "Pik Stoiber"!
Am nächsten Tag Besuch bei Talants Schwager. Natürlich werden sofort sämtliche Spezialitäten aufgetischt. Als Vorspeise geräucherte Hammelfettstreifen mit Dill, Yoghurt, Fladenbrot, Masla (süßer Rahm), Kekse, Tee und als Hauptspeise gebratenes Schaf und Gemüse.
Natürlich alles kunterbunt durcheinander!
Nach dem Tee werden die Schalen mit Wodka gefüllt, immer wieder werden neue Trinksprüche gefunden. Auf die kirgisisch-österreichische Freundschaft, die Reise, den Hausherren, Gesundheit, Eltern…usw. die Trinksprüche sind so unerschöpflich wie der Vorrat an Wodka!

Wir tauschen die Bergschuhe wieder gegen die Motorradstiefel, und weiter geht's Richtung Ala Too Gebirge.
Ein "Restaurant" zu finden ist fast nie ein Problem.
In die Hofeinfahrt einige Tische gestellt, an das Garagentor einige bunte Malereien und schon ist das Restaurant fertig. Für etwa einen Euro pro Person bekommen wir ein Mittagessen. Die Nudeln werden von Hand hergestellt. Ein typisches Landes -Gericht, Lagman, Suppe mit Nudeln, Gemüse und Fleisch.

Eine serpentinenreiche Straße führt zum Töö Ashuu Paß auf 3500 Meter und weiter zum Song Köl.
Geschafft, wir haben die Hochebene des Song Köl erreicht. Endlich wieder richtig Sommer, die Sonne knallt herab, die Temperatur liegt über 30° C.
Die Freude über das schöne Wetter dauert nur kurz, denn von allen Seiten ziehen in kürzester Zeit wieder finstere Wolken auf. Temperatursturz innerhalb einer halben Stunde, die Temperatur sinkt unter 10°C. Wir sind hier schließlich auf über 3000 Meter. Normalerweise sind die Weiden schon im Mai von den Nomaden bevölkert. Aufgrund des lang anhaltenden Winters treffen wir in diesem Jahr erst vereinzelt auf Nomaden in ihren Jurten.

Zur Begrüßung bekommen wir sogleich eine Schale erfrischenden Kumiss angeboten. Diese Familie gehört zu der Organisation Shepherds Live, die kirgisische Art von "Urlaub am Bauernhof". Neben der Familienjurte steht die Gästejurte. Alle Jurten von Shepherds Live haben einheitliche Preise, Übernachtung mit Frühstück 180 Som = ca. 4,- Euro, 1 Mittagessen 90 Som = ca. 2 Euro. Wir buchen "all inklusive", mit Badezimmer, allerdings im Freien. Der Service geht sogar soweit, dass uns eine gebrauchte Zahnbürste angeboten wird.
Die Kinder genießen die Ferien auf dem Song Köl, müssen aber trotzdem mit anpacken. Denn jeder muss hier seinen Beitrag leisten. In dieser Höhe gibt es kein Brennholz, so marschieren die Kinder über die Weiden um die Kuhfladen zum Trocknen aufzustellen. Das Einsammeln der getrockneten Kuhfladen wird spielerisch betrieben und ist eine richtige Hetz. Auf einer verbeulten Blechwanne lassen sie sich von einem Esel über die Wiese ziehen. Statt Schijöring so eine Art Kuhfladenjöring.

Ende August kommen wir ein zweites Mal nach Kirgistan, anlässlich des Unabhängigkeitstages findet in Bishkek das traditionelle Kök Böru statt. Mit dabei - Usbeken - Kasachen - Russen - und Tadjiken. Der Ursprung dieses Reiterspieles entstammt der Legende "Fang den Wolf". Heutzutage wird dafür eine tote Ziege verwendet. Die Freude ist groß, die Kirgisen haben den Wettkampf gewonnen.

Der Sommer zeigt sich in seiner vollsten Pracht. An der Straße werden jede Menge wohlschmeckender Marillen angeboten, die in dieser Region bestens gedeihen. Weiters verschiedene Stände mit Wasser- Honig- Zucker Melonen, wir können uns manchmal nicht entscheiden, denn alles schmeckt hervorragend. Teilweise haben die Bauern ihre Betten neben den Obstständen aufgestellt und leben so wochenlang mehr oder weniger an der Straße, denn täglich kommt frischer Nachschub von den Feldern.
Wir überqueren das Ala Too Gebirge. Eine Familie winkt uns zum Tee heran, da es schon später Nachmittag ist beschließen wir gleich unser Zelt aufzubauen. Die Großeltern verbringen den Sommer hier mit dem Enkel. Bis Ende Oktober, so das Wetter gut bleibt, wollen sie mit den Schafen und Kühen bleiben. Die Nacht ist kühl, die Sterne fast zum Greifen,am Morgen überall Reif. Kein Wunder, wir sind hier schon wieder über dreitausend Meter.

Nach der angenehmen Bergluft schlägt uns brutale Hitze entgegen, die Temperaturen erreichen an die vierzig Grad. Bei Toktogul wird der Naryn in mehreren Stufen aufgestaut. Zwischen fünfzig und siebzig Kilometer sind diese Stauseen lang. So wohltuend fürs Auge, so belastend für unsere Lungen ist dieser Straßenabschnitt. Über hundert Kilometer Baustelle, das bedeutet Slalom zwischen den Russ- und Staubwolken produzierenden alten russischen LKW.
Bei Tash Kömür lassen wir am späten Nachmittag die Baustelle hinter uns und zweigen ins Kara Suu Tal ab. Unser Tagesziel ist noch über 80 Kilometer entfernt, der in den Bergen gelegene See bei Sary Chelek. Aufgrund der schlechten Piste kommen wir nur sehr langsam voran, es beginnt bereits zu dämmern. Wir stellen unser Zelt am Fluss auf, ein Vollbad unter einem grandiosen Sternenhimmel entschädigt uns für die vielen staubigen Kilometer.
Die Region um Sary Chelek zählt auch zu den Biosphären Reservaten Kirgistans.
Dadurch ist auch eine Eintrittsgebühr fällig, 400,- Som für kirgisische Verhältnisse geschmalzen, umgerechnet 8,- Euro pro Person. Die schmale Schotterpiste windet sich den Berg hinauf, vorbei an unzähligen wilden Nussbäumen. Auf 1900 Metern liegt der See, eingebettet zwischen Felswänden. Über eine Länge von sieben Kilometern erstreckt sich die Wasserfläche, entstanden vor über 800 Jahren nach einem Erdbeben.
Unser Zimmerwirt ist schon im Morgengrauen ins nächste Dorf aufgebrochen, um am Markt eine Kuh zu verkaufen. Lautstark wird hier gefeilscht, immer wieder klatschen die Hände der Männer aufeinander, immer und immer wieder bis man sich schließlich über den Preis einig ist. Wir werden von einer Frau angesprochen, die Englisch Lehrerin des Dorfes. Stolz führt sie uns über den Marktplatz und dolmetscht für uns. So erfahren wir auch die Tagespreise der Tiere. Zum Abschied lädt sie uns noch auf eine erfrischende Schale Kumiss ein.

Das Klima ist hier geprägt vom Fergana Becken. Der Großteil dieser fruchtbaren Ebene liegt in Usbekistan, deren Ausläufer bis Kirgistan reichen. Orientalisches Flair hat der Basar von Osh zu bieten. Wir spazieren durch die Gassen, überall kunstvoll aufgetürmt Obst und Gemüse. An jeder Ecke strömen uns verschieden Düfte in die Nasen. Immer wieder bekommen wir Kostproben von den überaus freundlichen Händlern angeboten.

Die Tage in Kirgistan, die uns durch beeindruckende Landschaften führten und durch Begegnungen mit äußerst gastfreundlichen Menschen einen bleibenden Eindruck hinterlassen, neigen sich leider dem Ende zu.
Problemlos überqueren wir die Grenze zu Usbekistan. Wo meine G/S ein neues Winterquartier bezieht. Denn diese Region hat noch viel Interessantes zu bieten.

Aber das wird wiederum eine andere Geschichte……………

INFO:

Visa:

Botschaft der Kirgisischen Republik
Invalidenstraße 3/8
1030 Wien
E-Mail: [email protected]
01/535037915

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USD 42,50

1 € ca. 50,- Som
1 L Benzin 95 Oktan 16,- Som











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